Dienstag, 6. September 2016

Fragen und Antworten zur Neugestaltung der Münchner Straße, zu Radwege und Schutzstreifen


Fragen und Antworten


Die Münchner Straße benötigt als Einkaufsstraße eine hohe Aufenthaltsqualität.

Eines ist klar, es gibt keinen allein seligmachenden Königsweg bei Verkehrslösungen. Dazu ist der Straßenverkehr mit den vielen Abhängigkeiten und Gegensätzlichkeiten zu komplex. Und daher ist die gewählte Lösung ein Kompromiss.


Warum eine dreispurige Lösung mit Schutzstreifen?

Die dreispurige Lösung nimmt keinen Straßenraum weg. Es werden lediglich die Flächen neu verteilt. 
Die Lösung trägt den häufigsten Unfallursachen mit Radfahrern im innerstädtischen Verkehr Rechnung.  
  • Die Geschwindigkeit der Autos ist reduziert. 
  • Die Radfahrer bewegen sich im Sichtbereich der Autofahrer. Auch an den Einmündungen der Seitenstraßen.
  • Die Schutzstreifen weisen Autofahrer auf die nötigen Anstände beim Überholen hin
  • Gehwegradler werden deutlich auf die Fahrbahnbenutzung hingewiesen
  • Und Fußgänger können die breite Straße einfacher und gefahrloser überqueren

 

Warum erst ein Provisorium ?

Ohne Fakten, keine vernünftige Entscheidung. Alles andere ist unredlich.
Man konnte Erkenntnisse und Erfahrungen sammeln und diese bewerten. 

Siehe hier...

Warum wurde an der Münchner Straße kein benutzungspflichtiger Radweg hinter den Autos angedacht?

Diese Planungen wurden schon vor Jahren durchgespielt. Es müsste der größte Teil des Seitenbereichs der Münchner Straße umgebaut werden und es würden viele Parkplätze entfallen.Es würde zig Millionen Euro kosten.

  • Eine solche Radführung befände sich permanent im Konflikt mit den von den parkenden Autos zu den Geschäften querenden Fußgängern. 
  • Radfahrer auf zurückgesetzten Radwegen sind bei Einmündungen höchst gefährdet.
Die Straßenverkehrsordnung sagt: „Benutzungspflichtige Radwege dürfen nur angeordnet werden, wenn ausreichend Fläche für den Fußgängerverkehr zur Verfügung steht.“
Betrachtet man sich den Bereich zwischen den Geschäften und den parkenden Autos, so ist es offensichtlich, dass für eine regelgerechte Radführung schlicht und einfach zu wenig Platz ist. Es gibt noch weitere Argumente.



Sind Radfahrstreifen und Schutzstreifen Radwege?

Nein, Radwege und Radführungen können nicht nach gutdünken angelegt werden.

Für die Ausführung von Radführungen gelten die Vorgaben
  • der Straßenverkehrsordnung 
  • der dazugehörigen Verwaltungsvorschrift  
  • sowie die Regelwerke zur Umsetzung wie z.B. „Empfehlungen für Radverkehrsanlagen – ERA“

 

Sind Radfahrstreifen und Schutzstreifen Radwege?

Ja und Nein. Beides sind Radführungen auf der Fahrbahn. Also im Sichtbereich der Autofahrer.
  • Radfahrstreifen sind sozusagen Radwege auf der Fahrbahn. Sie können auf ausreichend breiten Fahrbahnen angelegt werden. 
  • Sie sind bis zu 1,85 Meter breit und durch ein blaues Symbol als benutzungspflichtig markiert.
  • Schutzstreifen sind KEINE Radwege. Sie markieren einen für Radfahrer vorgesehenen Fahrbahnteil.
  • Sie sind bis 1,50 Meter breit
  • Sie können auch auf schmäleren Fahrbahnen angelegt werden.

Sind Schutzstreifen Radwege 2. Klasse?
Nein, Schutzstreifen sind ein wichtiges Element der Radführung. Schutzstreifen sind ein Teil der Fahrbahn und führen im Mischverkehr Radfahrer im Sichtbereich der Autofahrer. Im Sichtbereich der Autofahrer fahren nachweislich Radfahrer am sichersten.

  • Schutzstreifen zeigen den Radfahrern: hier kann man Rad fahren. 
  • Den Autofahrern: hier fahren Menschen Fahrrad.

Sind Schutzstreifen gefährlich weil sie in der „Türöffungszone“ der parkenden Autos verlaufen?
Im Straßenverkehr gilt das Rechtsfahrgebot. Dh. auch ohne Schutzstreifen fährt man als Radfahrer in der „Dooring“ Zone. Grundsätzlich gilt: mindesten 80 Zentimeter Abstand zu parkenden Autos.
  • Der ordnungsgemäß angelegte Schutzstreifen hat Abstandslinien zu den Autos. 
  • Schutzstreifen weisen Autofahrer auf den Radverkehr deutlicher hin als keine Markierung.
Fahren auf Schutzstreifen erfordert, wie generell im Straßenverkehr, ein vorausschauendes Fahren.
Dazu gehört: 

  • Den Schutzstreifen in ganzer Breite zu nutzen. 
  • Bei ausparkenden Autos oder wenn der Schutzstreifen blockiert ist, rechtzeitig Handzeichen geben und nach Schulterblick in der fließenden Verkehr wechseln und das Hindernis passieren.
  • Dies gilt auch beim Linksabbiegen.

Sind alle Radwege benutzungspflichtig?

Nein, benutzungspflichtige Radwege sind durch die blauen Radwegschilder gegenzeichnet.
Die Benutzungspflicht ist an Kriterien wie:

  • Fahrbahnbeschaffenheit 
  • nötige Breite  
  • frei von Hindernissen
  •  eindeutige Wegführung gebunden

Gibt es Gehwege auf denen man Rad fahren darf?
Ja, diese Gehwege sind mit dem Zusatzschild „Radfahrer frei“ gekennzeichnet.
Achtung! Es gilt Schrittgeschwindigkeit.

  • Hier herrscht Wahlfreiheit, KEINE Benutzungspflicht!

Warum gibt es in Dachau Gehwege mit Markierungsstreifen, die offensichtlich für Radfahrer gelten sollen?

Diese Wege sind nicht breit genug für „echte“ Radwege. Da hier offensichtlich von wenigen Fußgängern ausgegangen wird, wurde erlaubt Rad zu fahren. Angezeigt durch die Markierung.
  • Hier herrscht Wahlfreiheit, KEINE Benutzungspflicht! 
  • Die Führung ist an Einmündungen durch Farbe markiert.
ACHTUNG! Diese Nicht-Benutzungspflichtigen Radwege sind trügerisch und nicht ungefährlich:
  • Es muss immer mit Fußgänger und querenden Autos gerechnet werden! 
  • Radfahrer müssen gegebenenfalls die Geschwindigkeit erheblich reduzieren (bis Schrittgeschwindigkeit).

Samstag, 13. August 2016

Münchner Straße - und wie gut's geht...

Münchner Straße dreispurig und mit Schutzstreifen....
...und was fällt auf....
...es wird nicht mehr gerast!



Samstag, 13. Februar 2016

Argumente statt Agitation bei Radverkehrslösungen wie Radfahrstreifen und Schutzstreifen


Das Bündnis für Dachau steht für sachliche Argumente, anstatt in der Öffentlichkeit Unsinn zu verbreiten und Popanze hochhalten - darum, hier mal ein paar Fakten.

Grundsatz
Die Möglichkeiten zur Gestaltung des Radverkehrs sind limitiert.

  • Hohe Kosten einer Umgestaltung
  • Kein Platz für Infrastruktur
  • Nicht alles was denkbar ist, ist rechtlich umsetzbar
  • Lösungen können nur im Rahmen der (leider beschränkten) Freiräume der StVO umgesetzt werden.

Straßenverkehrsordnung (StVO)

Am 1.10.1934 trat die erste deutsche Straßenverkehrsordnung in Kraft.
Die Nazi-Regierung machte keinen Hehl daraus wem zukünftig die Vorfahrt gehört. "Ist eine Straße für einzelne Arten des Verkehrs bestimmt (Fußweg, Fahrradweg, Reitweg) so ist dieser Verkehr auf den ihm zugewiesenen Straßenteil beschränkt.“ Dies implementiert eine funktionale Trennung des Verkehrs und eine Benutzungspflicht für Radwege. 

Ein Grund für diese Regelung dafür waren die bevorstehenden Olympischen Spiele 1936 in Berlin. Das Reichsverkehrsministerium in einer Presseerklärung: „Zeigen wir dem staunenden Ausländer einen neuen Beweis für ein aufstrebendes Deutschland, in dem der Kraftfahrer nicht nur auf den Autobahnen, sondern auf allen Straßen durch den Radfahrer freie, sichere Bahn findet.“
 

Diese Prämisse gilt (wenn sie auch langsam aufweicht) noch immer. 

Zumindest in den Köpfen, und wie man im täglichen Kampf zwischen Autofahrer und Radfahrer sieht. 


Radwegbenutzungspflicht 

  • Von 1934 bis 1971 musste jeder Radweg benutzt werden, der als solcher zu erkennen war. 



  • Seit 1971 waren dann – weiterhin gleichermaßen mit und ohne Schild – nur noch Radwege rechts der Fahrbahn benutzungspflichtig.
  • Seit 1980 dürfen linksseitige Radwege nur noch benutzt werden, wenn dies durch eine entsprechende Beschilderung zugelassen ist.
Aus dieser Zeit resultiert, dass quasi jeden Holperpfad mit den blauen Schildern 237/240/241 bestückt wurde.
  • 1997 StVo-Novelle (Radfahrnovelle)
Zitat StVO: "Allerdings befinden sich heute zahlreiche Radwege entweder in einem baulich unzureichenden Zustand oder entsprechen nach Ausmaß und Ausstattung nicht den Erfordernissen des modernen Radverkehrs.
Die Benutzung solcher Radwege ist daher für Radfahrer im allgemeinen nicht ohne weiteres zumutbar.“
 


Damit war die Benutzungspflicht der Radwege in Frage gestellt!
 

Ergebnis der Novelle:
  • Statt des Baus von Bordsteinradwegen können nun auf der Fahrbahn Radfahrstreifen (benutzungspflichtig) oder Schutzstreifen (durch Rechtsfahrgebot ergibt sich eine quasi Benutzungspflicht) eingerichtet werden.
  • Radwege sind seither nur noch bei Kennzeichnung mit den Zeichen 237, 240 und 241 (weißes Fahrrad auf blauem Grund) benutzungspflichtig.
 



  • Tempo-30-Zonen und die Möglichkeit in Einbahnstraßen Radverkehr in Gegenrichtung zuzulassen wurden eingeführt.

Allerdings:

  • betrachteten die Behörden Radwegschilder bis 2013 mehr als Hinweis hier fahren zu KÖNNEN. Die Konsequenz, das durch die Benutzungspflicht Radfahrer auch auf schlechte Radwege gezwungen wurden, wurden schlicht vergessen oder ignoriert.
  • Ab 1998 sollte die Benutzungspflicht anhand von Qualitätskriterien überprüft werden. Dies, wurde meist ignoriert.
  • Seither wird auch zwischen benutzungspflichtigen Radwegen und nicht benutzungspflichtigen, damals so genannten „andere Radwegen“ unterschieden.
Das Resultat: 
    • Breite "Bürgersteige" wurden für Radfahrer freigegeben
    • Schmale Pfade wurden zu Wohle der Radfahrer benutzungspflichtig belassen. 
    • Konflikte zwischen Radfahrer und Fußgänger sind vorprogrammiert.




  • Neufassung der StVO zum 1.4.2013:
    Die Anordnung einer Radwegbenutzungspflicht darf nur zur Wahrung oder Erhöhung der Verkehrssicherheit erfolgen (vgl. 
    Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18. November 2010). Und nicht, damit zum Beispiel Autos unbehindert oder schneller fahren können.
    • Schutzstreifen und Fahrradstraßen können "pro aktiv" angelegt werden. 
    • Schutzstreifen sind keine Radverkehrseinrichtung zweiter Wahl mehr.
    • Es gelten (endlich) verbindliche Regeln, Breiten und Qualitätsanforderungen für Radverkehrsanlagen.

Die Ausgestaltung regelt die "Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsohrdung (VwV-StVO)"  sowie wird auf die "Empfehlungen für Radverkehrsanlagen" (ERA) der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen verwiesen.

 

Grundprinzip: Radfahrer auf die Fahrbahn

Das Grundprinzip hat sich durchgesetzt, dass Radfahrer im Sichtbereich der Autofahrer deutlich sicherer sind. Dies auch begründet durch Erkenntnisse der Unfallforschung.
  • Im Oktober 2012 hat die Bundesregierung Leitlinien für die Förderung des Radverkehrs veröffentlicht.

 

Der Nationale Radverkehrsplan 2020

NRVP S31. Radverkehrsanlagen müssen daher so gestaltet werden, dass Radfahrende insbesondere an neuralgischen Punkten für den
Kraftfahrzeugverkehr rechtzeitig und gut erkennbar sind, selbst gute Sichtverhältnisse haben und Konflikte zwischen Fußgängerinnen
und Fußgängern und Radfahrenden möglichst vermieden werden. 


Nationaler Radverkehrsplan 2020 



 

Bundesanstalt für Straßenwesen BAST -

Schutzstreifen: Hohe Akzeptanz und geringe Unfallschwere


"Schutzstreifen führen im Vergleich zum Mischverkehr ohne Schutzstreifen zu einer erhöhten Akzeptanz der Fahrbahnnutzung. Sowohl bei zweistreifigen als auch bei vierstreifigen Querschnitten senken Schutzstreifen den Anteil der Radfahrer, die den Gehweg nutzen. 


Zweistreifige und auch vierstreifige Querschnitte mit Schutzstreifen weisen jedoch eine geringere Unfallschwere auf als vergleichbare Strecken mit reinem Mischverkehr. Obwohl Schutzstreifen nicht generell zu verringerten seitlichen Überholabständen führen, ist eine Tendenz zu verringerten seitlichen Überholabständen beim Überholen ohne Gegenverkehr zu beobachten".
Studie BAST- Akzeptanz und Unfallschwere.






Wirtschaftsfaktor Radfahrer

Studie der "Forschung Radverkehr" des Deutsches Institut für Urbanistik (Difu) mit Förderung der Bundesverkehrsministeriums




  • Der Radverkehr befördert die Belebung der Stadtteilzentren und Innenstädte, 
  • er stärkt somit auch den dortigen Einzelhandel.
  • Mehr Fahrrad- und weniger Pkw-Nutzung spart Platz für hohe Aufenthaltsqualität und trägt so zu einem attraktiven,
    anregenden Einkaufsumfeld bei. 
  • Einzelhändler müssen dabei nicht den Verlust von Nachfragepotenzialen fürchten. 
  • Radfahrer stellen eine kaufkräftige und treue Kundengruppe dar.
  • Um sie in die Geschäfte zu locken, soll den Hindernissen beim Einkauf auf zwei Rädern mit einem breiten Serviceangebot, komfortablen Abstellmöglichkeiten und sicheren Straßen begegnet werden. 
  • Dies erfordert das koordinierte Vorgehen von Kommune und lokalem Einzelhandel". 

DIFU Studie - Wirtschaftsfaktor Radfahrer

 

Parksuchverkehr satt Kunden

Studie des Deutsches Institut für Urbanistik (Difu) mit Förderung der Bundesverkehrsministeriums

"Priorität sollten gerechte Mobilitätschancen für alle haben, die Aufenthaltsqualität von Straßen und Plätzen, die Erreichbarkeit von Geschäften und Quartieren und nicht die einseitige Privilegierung des Autoverkehrs. Die Vermeidung und Verlagerung von Verkehr – verbunden mit einer Reduktion des Autoverkehrs – sind Ziele vieler kommunaler Verkehrsentwicklungspläne".


Parksuchverkehr trotz freier Stellplätze
  • Garagen und Stellplätze sind tagsüber oder am Wochenende oft ungenutzt. 
  • Gleichzeitig hält die Nachfrage nach oberirdischem Parkraum an. 
  • Selbst dort, wo Parkhäuser ausgewiesen sind, kommt es zu überflüssigem Parksuchverkehr. 
  • In unbewirtschafteten Gebieten fahnden Parkplatzsuchende zunächst nach kostenlosen Parkplätzen und erst danach nach kostenpflichtigen Stellplätzen oder sie parken falsch. 
  • Falschparker schränken den Raum der Fußgänger ein, behindern alte Menschen und Kinder, die an der Hand geführt werden. 
  • Wo parkende Autos die Sicht blockieren, gefährdet dies Radfahrer und Fußgänger. 
  • Verstopfte Straßen behindern Notdienste und erschweren das Laden und Liefern.


    DIFU Studie - Innenstädte und kostenlose Stellplätze